3.12.20

Review: Akne Kid Joe - Die große Palmöllüge (2020)

 
Akne Kid Joe vorzustellen erübrigt sich in Anbetracht des absolut verdienten Bekanntheitsgrades glaub ich. Auch ich war, nachdem ein guter Bekannter mir die Band bei nem Tresenabend (also in besseren Zeiten) vorstellte, sofort abgeholt und hab die Debütscheibe Karate Kid Joe auf und ab gehört. Mag zum einen daran gelegen haben dass ich Punk mit Synthie generell gut abfeiern kann und zum zweiten daran, dass die Band es verdammt nochmal sehr gut versteht interessante und durchdachte Texte zu verfassen, welche dennoch nicht zu verkopft oder gejammert wirken, wie es mir zum Beispiel bei vielen Bands des Postpunk-Sektors mittlerweile oft auf die Nerven geht. Nun, dementsprechend war ich in freudiger Erwartung was den aktuellen Longplayer Die große Palmöllüge betrifft und habe sogar mal vorbestellt, was ich wirklich nicht oft gebacken kriege.
 
Album Numero 2 beginnt mit einem witzigen Intro, gefolgt vom sehr persönlichen Song Sarah (Frau, auch in ner Band), welcher zum einen an Frauen innerhalb der Punkszene bzw. allgemeinen Musiklandschaft appeliert, nicht nur Zuschauende sein zu müssen sondern auch Protagonistinnen sein zu können und zum anderen, männliche Personen auffordert dieser Möglichkeit nicht (un)bewusst im Wege zu stehen und sich der Problematik anzunehmen. Für den Song hat sich die Band noch Alex von Pascow mit ins Boot geholt, der den Part des Refrains übernimmt. Ich hab mich mit seiner Band nie wirklich beschäftigt und so sehr ich die Kritik der Zeilen nachvollziehen kann und selbstverständlich auch teile, frag ich mich, ob ich das dem werten Herrn Kollegen so abnehmen möchte, wenn er doch mit seiner Band auch die Bühnen des verkackten Ruhrpott Rodeos oder des Punk im Pott – Festivals bespielt. Bei Weitem wäre es dort nämlich nicht nur angebracht mehr Platz für Bands zu schaffen, die nicht ausschließlich aus Cis-Männern bestehen, sondern den ganzen Bumms mal komplett zu überdenken. Aber andere Geschichte.
 
Weiter gehts auf der A-Seite unter anderem mit echt guten Tracks wie dem ultimativen Antifa-Demosong What AfD thinks we do oder dem fantastischen Pizza Napoletana. Auch Seite B kommt mit Tracks um die Ecke, die definitiv ins Ohr gehen und mit denen äußerst korrekte Standpunkte vertreten werden. Erwähnt seien hier auf jeden Fall das szenekritische Unsere Kneipe oder Was ist eigentlich dein scheiß Problem?! (dass du scheiß Kartoffel es nicht gebacken kriegst deinen diskriminierenden Wortschatz zu überdenken) oder so. An Das schöne Leben komm ich irgendwie nicht ran, der Rest ist stark. Für die Technopunk-Fraktion gibt's dann sogar noch nen Feature mit H.C. Baxxter, bevor Die große Palmöllüge sich noch mit einer kleinen Überraschung in Form eines überkrassen Hiddentracks verabschiedet, der ausschließlich Vinylfreund*innen vorenthalten ist.

Ohne Frage ein gutes Album und vor allem textlich wieder über weite Strecken erstklassig. Außerdem find ich dass Sarah und Matti gesanglich hier wieder sehr gut harmonieren. Der Wechselgesang macht echt was her und lässt keine Langeweile aufkommen, aber irgendwie hab ich auch ab und zu das Gefühl, dass sich bei AKJ einige Songs ziemlich ähneln oder mich durch Melodie und Songstruktur an Tracks vom Debütalbum erinnern.

Die große Palmöllüge erschien im April über Kidnap Music ausschließlich auf schwarzem Vinyl. Ich freu mich auf das was da noch so kommen mag und hoffe insgeheim dass sich Akne Kid Joe nicht auch die Blöße beim nächsten Ruhrpott Rodeo geben. Fänd ich irgendwie schade.

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