8.12.20

Review: Pisse - s/t (2020)

 
 
Achja, one love – Pisse! Mir kams so vor als hätte die Scheibe schon etwas mehr Zeit auf der Rille, mag wohl dran liegen dass sie sich ziemlich oft auf den heimischen Plattenteller verirrte. Gefühlt aber auch wirklich nur dorthin, denn mir kam es so vor als wenn die neue Scheibe nicht den gleichen Anklang fand wie die früheren Releases obwohl sie es ebenfalls verdient hätte. In meinem Freund*innenkreis wurde die LP größtenteils als lahm abgetan. Alle keinen Geschmack. Also höchste Zeit hier mal ne Lanze zu brechen, denn die Scheibe kann einiges. Der eigenständige Pisse-Sound dürfte den meisten ja bereits bei Nennung des Bandnamens im Ohr liegen. Rauer Punk, getragen von Synthie, Theremin und einer prägnanten Stimme machen diese Band einfach unverwechselbar, auch wenn es derzeit mit Dunkle Strassen eine Band gibt, die vermutlich, nicht ganz ungewollt, in eine erstaunlich ähnliche Kerbe schlägt. Die Praktikum in der Karibik EP, das Debüt-Album Mit Schinken durch die Menopause, die Doppel-7" Kohlrübenwinter, die Split mit Perky Tits oder die letzte Veröffentlichung Hornhaut ist der beste Handschuh lieferten schon Hits am laufenden Band und haben völlig zurecht einen gewissen Kultstatus inne.

Nun also ein selbstbetiteltes Release. Man kann sich ja nicht immer so originelle Namen für ne Veröffentlichung ausdenken, wie es in der Vergangenheit der Fall war. Wie gewohnt kam die LP wieder ohne großartige Ankündigung ans Licht der Welt und war auf einmal da. Keine Promowelle über Social Media - da hält sich die Band fein raus. Nur ein Video zwei Monate vor Release ließ darauf schließen dass man bald mit neuem Stuff rechnen konnte. Neun grandiose Songs und ein eindringliches Outro sind's dann geworden. Im Allgemeinen kommt das im Großen und Ganzen weniger rumpelig als die Vorgänger daher. Liebhaber*innen von kompromisslosem Gepolter kommen aber zum Beispiel mit dem Opener Die Fetten Kinder oder Angenehm Straff trotzdem auf ihre Kosten. Letztgenanntes Lied bietet sogar eine waschechte Orgie an Geschepper in unter einer Minute.  Darüber hinaus gibt's Synthpunk-Hymnen erster Klasse im angenehmen Mid-Tempo und mit eingängigen Lyrics, welche aber wie üblich eine Menge Interpretationsspielraum zulassen, was ich der Band ebenfalls immer hoch angerechnet habe. Zwischen den ohnehin experimentellen und stets unterschiedlichen Tracks stechen Duracell und Zu viel Speed dann nochmal sehr auffallend aus der Menge und beweisen wieder mal die unglaubliche Vielseitigkeit dieser Band. Ich hab nix auszusetzen und durchweg Spaß am Hören. Ich vermag deshalb auch gar keine Anspieltipps zu nennen. Die Platte reiht sich meines Erachtens perfekt in die sowieso fulminante Pisse-Diskografie ein und gehört in jedes gut sortierte Plattenregal. Das Coverartwork kommt überraschend gewöhnlich im Graffiti-Style daher. Steck ich nicht so drin, aber sieht ganz cool aus. So und jetzt summe ich so lange Jenny L. vor mich hin, bis wir alle mit einem neuen Pisse-Release beglückt werden. Vinyl kommt im schlichten Schwarz und präsentiert wird euch Pisse mal wieder vom Qualitätslabel Phantom Records und Harbinger Sound.

Keine Kommentare: