14.12.20

Review: Anschlag - s/t (2020)

 
Anschlag haben ihr erstes Album rausgehauen und die Leute sind überwiegend voll des Lobes über das neue Release aus dem Hause Save The Scene Records und Abbruch Records. Bestes deutschsprachiges Punkalbum des Jahres hab ich jetzt schon ein paar mal gelesen. Eine gewagte These, denn dieses Jahr hatte schon einige echt starke Releases zu bieten. Aber man soll den Tag ja niemals vor dem Abend loben und neugierig bin ich sowieso.
Die selbstbetitelte Scheibe von Anschlag hat jetzt mehrfach die Runde auf dem Teller gemacht und alles in mir schreit: Alarmsignal. Schon bei der Bekennerschreiben EP schwirrten mir die Parallelen durch den Kopf, von der es mit Es brennt und Revolution, zwei Titel auch nochmal aufs aktuelle Album geschafft haben. Letzterer Song hat sich im Laufe der Zeit auch noch etwas verändert. Ich bin mir unsicher ob ich das nun gut oder schlecht finden soll, dass ich mich so dermaßen an eine andere Combo erinnert fühle. Glücklicherweise ähnelt der Stil aber vor allem älteren Releases der Deutschpunx aus Celle, die ich selbst auch sehr gefeiert habe und die mich in meiner Punksozialisation sehr geprägt haben.

Am besten gefallen mir Anschlag mit treibenden Rhythmen wie es zum Beispiel bei Fundament oder Trockener Nationalist der Fall ist. Da geht’s wirklich ordentlich nach vorne und wenn das Schlagzeug aus allen Rohren ballert sehne ich mich nach einem verschwitzten Pogokreis. Das Tempo ist aber auch bei den meisten anderen der insgesamt 13 Tracks (inklusive Intro) angenehm auf Zack. Überhaupt kann ich mir alle Songs der Platte sehr gut live vorstellen, nicht nur aufgrund der tanzbaren Mucke, sondern auch weil die Texte durchweg zum Mitgrölen einladen und geneigte Punx auch noch nach dem fünften Bier textsicher sein dürften. Vertraute Reimschemata und die direkten, hauptsächlich politischen Texte machen’s möglich und plakative Refrains, vorgetragen im fetten Chorus, tun ihr übriges. Hier gibt’s keine Schüsse um die Ecke. Anschlag feuern einfach durch die geschlossene Tür, ohne Schalldämpfer und ohne rätselhaft anmutende Textpassagen. Deutschpunk wie aus dem Märchenbuch. Irgendwie geläufig, selten überraschend aber ohne Frage ein durchaus gutes Album, welches keine nennenswerten Ausfälle zu verzeichnen hat.

Die Tracks wurden bereits 2017 aufgenommen, haben an Aktualität dadurch aber (leider) nichts eingebüßt. Antifaschistischer Punk gegen Deutschland, Bullen und Rassist*innen ist halt zeitlos. Vinyl kommt im traditionellem Schwarz, mit Aufnäher und Textblatt. Das Cover wurde von Angry Bird Design entworfen. Beim Motiv tippe ich mal auf's 1937 verunglückte Hindenburg-Zeppelin. Ein in Flammen stehendes Aushängeschild der deutschen Luftfahrt im Nationalsozialismus - kann man schon machen, ist cool. Vielleicht lehn ich mich aber auch zu weit ausm Fenster und irre gewaltig. Abschließend ist zu sagen: Wer was mit deutschsprachigem Politpunk im Stil der 2000er anfangen kann, sollte schleunigst zugreifen und wird höchstwahrscheinlich in keinster Weise enttäuscht sein.

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